Tracking - Einleitung
Tomaes
Willkommen zu unserem kleinen Tracking-Special (und zur dazugehörigen kleinen Einleitung), im Magazin mit den extra großen Fruchtstücken!
Tracking... Was bedeutet das heute eigentlich noch, im Jahre Zweitausend nach Fleischwerdung des Herrn? Erwähnt man dieses Wörtchen in fröhlicher Runde, wird man allenfalls verständnislose Blicke und die Frage, ob das was mit Lastkraftwagen zu tun hat, ernten. Auch wenn man versucht, mit den drei magischen Buchstaben "MOD" Licht ins Dunkel zu bringen, sollte man nicht auf allzu viel Verständniss hoffen. Mod? Mod-Chips für die Playstation etwa? Nein...
Einige wenige werden sich an ihre alten Amiga-Zeiten erinnern, damals in den 80ern. Komisch, erwähnt man die Buchstabenreihenfolge "MIDI", weiß zumindest jeder, dass das "was mit Musik" zu tun hat. Und von den älteren Computer-Musikanten, die längst ein kleines Heim-Studio ihr Eigen nennen, wird man auf das Stichwort "MOD" meistens ein schelmisches Grinsen und Sätze, die mit "Ja, damals..." beginnen, zu hören bekommen...
Tracking ist als solches immer Underground gewesen und wird's wohl auch in Zukunft sein, auch wenn hier und dort versucht wird, mit neuen Features und Programmen die Grenzen der Methodik auszudehnen und Brücken zu den Profi-Tools zu bauen. Die nächste Generation in Form von Fasttracker 3 und Impulse Tracker 3, Buzz 2 und MadTracker 3 wird wohl entgültig den Rahmen des Bisherigen sprengen...
Doch was macht Tracking als ein am-Computer-Musik-machen Konzept trotzdem noch so attraktiv, dass es auch heute noch eine so rege Szene gibt, die sich längst von der klassischen Demoszene emanzipiert hat?
Weil Fasttracker einfacher zu handeln ist als Cakewalk? Auch. Aber Tracking-Programme waren auch immer kostenlos. Von Freaks, für Freaks. Höchstens für Wave-Writer musste man eine kleine Registrations-Gebühr entrichten (so bei IT2 und MT2). Alles andere konnte sich in der Szene nicht durchsetzen.
Eine andere faszinierende Sache ist sicher der Spirit. Die Demo/Tracking-Szene ist größer, insgesamt offener, und eher den comunity und open source Gedanken verpflichtet, als die eher elitäre MIDI-Gemeinde. Andererseits könnte man sagen, dass MIDI-Nutzer eher seriös an ihrer Musik arbeiten (und eventuell Geld verdienen) als Tracker, bei denen zumeist der Fun-Aspekt im Vordergrund steht.
Tracken hat durchaus viel mit Programmieren gemein. In den Anfangstagen umso mehr. Die ersten Tracker auf den Commodore Rechnern waren nicht zufällig auch ganz passable Coder, die oft ihre eigenen Tools entwickelten, um effizienter arbeiten zu können.
Diese Programme würden heute jedem Klicki-Bunti-Fan Schweißperlen der Erfurcht auf die Stirn treiben. Nichts zu klicken, keine Online-Hilfe in Sicht, nur mystische Kürzel und Symbole und der ganze Bildschirm voller hexadezimaler Zahlen.
Heute sieht das alles längst gefälliger aus, wenn auch die Komplexität im Laufe der Zeit eher stieg als abnahm. Man muss nicht mehr mit dem blanken Hintern auf den Registern des Soundchips rutschen, und auch nicht mehr wissen, was "ADSR" bedeutet, dafür darf man sich durch hundert Menüpunkte mit ebensovielen Sub-Menüs, Reglern, Buttons und Diagrammen quälen.
Nein, Tracking-Programme haben ihre Existenzberechtigung für alle, die relativ hardwareunabhängige Sound-Formate wollen, einen Soundtrack für ihr 64kb-Intro, oder im semi-professionellen Einsatz, ohne auf sündhaft teures MIDI-Equipment zurückgreifen zu müssen.
Viel Spaß also mit den Texten zum Thema und den ganzen Interviews...