Was ist denn ein Diskmag?
oder
Introduction to the Diskmagscene

mad/os

Was ein Diskmag ist? Ist diese Frage nicht irgendwie überflüssig? ;-) Schließlich lest ihr mit dem Wildmag gerade ein solches, wie ich hoffe doch recht typisches Diskettenmagazin. Am besten fange ich ganz von vorn an...

Die achtziger Jahre, gähnende Leere. Vom Internet redet noch niemand. Nichts desto trotz existierte eine Szene. Eine Szene, die sich hauptsächlich als eine Gruppe von Hackern und Crackern definierte. Informationen flossen spärlich (wobei das einer der Reize dieser Szene war). Als der Wunsch aufkam, diese Informationen auszutauschen, kam im Grunde nur ein Weg in Frage: Digital. So entstanden die ersten Newsletter. Reine Textdateien, die man mit Hilfe seines Modems aus der nächsten Mailbox ziehen konnte. Einige der bekannteren und erfolgreichen Newsletter waren "Phrack" und "Computer Underground Digest".

Als man begann, diese Texte in grafisch ansprechender Form zu präsentieren, schuf man damit die ersten Diskmags. Auf dem PC war das - wie sollte es anders sein - Imphobia. Imphobia ist (für alle, die es nicht wissen) eine sehr bekannte belgische Gruppe, und gleichzeitig ist es der Name ihres Diskmags. Ursprünglich nur als "coole" Variante zur Verbreitung von Informationen zu Mailboxen (BBS) konzipiert, wurde bald ein richtiges Magazin daraus. Eine grafisch ansprechende Oberfläche (technisch einzigartig: der Grafikmodus nutze zwei 16-farbige Paletten gleichzeitig) und natürlich jede Menge lesenswerte Texte machten das Magazin Imphobia zum wohl erfolgreichsten aller Zeiten. Selbst Jahre, nachdem sein Erscheinen mit der zwölften Ausgabe eingestellt wurde, erschien es regelmäßig in den Hitlisten anderer Diskmags. Imphobia setze den Standard...

Im Laufe der nächsten Jahre erschienen duzende, ja hunderte von neuen Diskmags. Die meisten davon verschwanden genau so schnell, wie sie aufgetaucht waren. Magazine, die länger als nur ein paar Ausgaben lang existierten, waren zum Beispiel: Post Office 7, Scanner, Blackmail, Platinum, New World Order, Skyline, Hot-Mag, Suicide und Genetic Dreams, um nur einige zu nennen.

Eines der ältesten, heute noch aktiven Diskmags ist übrigens das schweizer Pain. Obwohl die Redaktion im Laufe der Jahre sehr oft wechselte, erschienen in eher unregelmäßigen Abständen neue Ausgaben.

Betrachtet man sich eine chronologisch geordnete Statstik aller neu gegründeten Diskmags, so erkennt man ein Muster. Um 1992 ging es los. Es setzte ein kleiner Boom ein, der bis etwa 1996 anhielt. Danach beruhigte sich die Diskmag-Szene wieder. Es erschienen zwar immer noch regelmäßig neue Diskmags, doch deren Anzahl ging langsam zurück. Heute scheint es so, dass das Internet manch einen davon abhält, sein eigenes Magazin zu gründen (wogegen absolut nichts einzuwenden wäre).

Die Entwicklung der rein deutschsprachigen Magazine nahm mit der "Blackmail" ihren Anfang - das war 1993. Die kurz darauf erschienenen Magazine Platinum, Skyline und Hot-Mag waren ebenso erfolgreich. Natürlich gab es auch viele kleine, unbedeutende Magazine, die aus verschiedenen Gründen nur eine einzige Ausgabe überlebten. Beispiele dafür sind PPA, PC-World oder PC-Vision - allesamt simple, im Textmodus ablaufende Kleinanzeigen-Magazine im Stil des Computer Flohmarktes. Überhaupt kann man sagen, dass der Computer Flohmarkt in dieser Zeit viele Projekte entstehen ließ oder zumindest eine Grundlage für die Kontakte untereinander bot (siehe auch den Text "Der Computer Flohmarkt").

Später, im Jahre 1996, vereinigten sich die Gruppen um Hot-Mag und Microcode zum (neben Hugi) wohl wichtigsten und erfolgreichsten Magazin der deutschen Szene: Cream. Coctail, der inzwischen aus der Szene ausgestiegene Chefredakteur des Magazines, gab es jedoch nach nur (?) vier Ausgaben aus persönlichen Gründen auf. Ein Schritt, den viele sehr bedauerten.

Auch der Hugi wird oft der deutschen Diskmag Szene zugeordnet. Dabei wurde das Magazin 1996 von einem Östereicher gegründet. Sein Name: Adok. (Er kam übrigens auch über den Computer Flohmarkt und sein Schwestermagazin PC-Heimwerker zur Szene.) Heute ist der Hugi mit insgesamt 18 Ausgaben zu einem 100 Prozent englischsprachigen - und sehr erfolgreichen Magazin der Demoszene geworden. Außerdem erschienen zwei der Ausgaben auch in russischer Sprache. Seit kurzen ergänzen ein wöchentlicher Newsletter und der vollständig deutsche Hugi.GER das Angebot.

Eine solch vielseitige, rassante Entwicklung kennzeichnet nicht nur die Szene der Diskmags. Die Szene selbst (die aus Grafikern, Musikern, Programmierern und vielen anderen Personengruppen besteht) spiegelt sich in den DiskMags wieder. Ein Magazin, dass wie der Hugi vor allem von "echten" Freaks und Codern gelesen wird, entwickelt sich zwangsläufig immer mehr in diese Richtung. Andere Magazine, die wie die PC-World keinerlei Inovation erkennen lassen, finden kaum Unterstützung und gehen ein.

Dabei spielt neben dem allgemeinen Design natürlich auch der Inhalt eine entscheidende Rolle. Und hier erkennt man auch das Dilemma vieler Diskmags. Wenn man zu wenig Inhalt bietet, dann findet man auch nur wenige Leute, die etwas zu den nächsten Ausgaben beitragen. Alles allein machen kann man selten.

Wenn man jedoch erst einmal den Einstieg geschafft hat, dann kann es wie beim Hugi ablaufen. Neue Artikel tauchen immer wieder wie von selbst auf. Ein solches Magazin kann im Grunde nicht mehr eingehen...

Interessiert das überhaupt? Ich wollte doch etwas ganz anderes schreiben. Erinnert mich daran, dass ich meine nächste Party mit mehr Schlaf beginne. Lest nicht nur, sondern macht etwas...

Und tragt Sonnenschutz...

Ach ja: Einen nahezu vollständigen Überblick aller bis heute erschienenen Diskettenmagazine findet ihr auf der CD "DiskMag-Pack", die ich zusammen mit der Gruppe real.fake produziere. Eine monatsaktuelle Ausgabe kostet inklusive Porto und Verpackung nur 12 DM. Aktuelle Informationen sind auf der Homepage von real.fake zu finden.

mad/os